In den vergangenen Jahren haben sich die Bemühungen der deutschen Steuerpolitik um eine wachstumsfördernde, im internationalen Standortvergleich wettbewerbsfähige Besteuerung im Großen und Ganzen durchaus ausgezahlt. Deutschland muss mit einer moderaten gesamtwirtschaftlichen Steuerquote keinen internationalen Vergleich mehr scheuen. Diese Feststellung erlaubt allerdings noch kein Urteil über die Belastung einzelner Bürger und Unternehmen und über die Gesamtbelastung mit Steuern und Sozialabgaben. So wünschenswert generelle Steuerentlastungen auch sind, spricht sich die mittelständische Wirtschaft angesichts der gegenwärtigen Lage der Staatsfinanzen und der europäischen Verschuldungskrise dafür aus, finanzielle Spielräume vordringlich für den Schuldenabbau, für Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und für die Stärkung des deutschen Bildungssystems zu verwenden. Der unbestreitbare Finanzbedarf in diesen Handlungsfeldern taugt allerdings nicht als Vorwand für Steuererhöhungen. Zudem darf das Problem der „kalten Progression“ nicht aus dem Auge verloren werden. Angesichts der Tatsache, dass die 30 % der Steuerzahler mit Einkommen zwischen 50.000 und 70.000 € ca. 80 % des Aufkommens der Lohn- und Einkommensteuer aufzubringen haben, bleibt eine Perspektive für die spürbare Abflachung der Progression unabdingbar, um diesen „Mittelstandsbauch“ im deutschen Einkommensteuertarif abzuspecken. Das von der Politik gerne propagierte und gerade für die kleinen und mittleren Unternehmen wichtige Ziel einer spürbaren Vereinfachung des Steuerrechts ist bei den bisherigen Reformen allerdings auf der Strecke geblieben. Dauernde Steuerrechtsänderungen, die Unternehmen und Bürger Jahr für Jahr erheblich beanspruchen, sind eine weitere, nicht zu unterschätzende Ursache für Belastungen durch die Steuerpolitik. Um hier Abhilfe zu schaffen, bedarf es einer systematischen Verbesserung der Besteuerung in Deutschland, deren Realisierung politisch chancenreicher ist, wenn sie in mehreren, aber aufeinander abgestimmten Schritten über einen längeren Zeitraum auf den Weg gebracht wird. Der UFB/UMU sieht in den Vorschlägen eines Bundessteuergesetzbuches, das unter Leitung des ehemaligen Richter am Bundesverfassungsgericht Professor Dr. Paul Kirchhof von namhaften deutschen Steuerexperten und Beamten aus sechs Länderfinanzministerien entwickelt wurde hierfür die geeignete Grundlage. Er ist sich bewusst, dass die Vorschläge zur Reform der Einkommensbesteuerung derzeit politisch nicht konsensfähig sind. Dessen ungeachtet enthält das Bundessteuergesetzbuch eine Reihe weiterer sehr zielführender Reformvorschläge, die wegen der Kontroverse um den Reformvorschlag zur Einkommensteuerreform von der Politik keinesfalls negiert werden sollten.
Ein relativ rasch realisierbarer wesentlicher Reformschritt läge in der Abschaffung aller oder zumindest der meisten ermäßigten Mehrwertsteuersätze. Der UFB/UMU tritt für eine konsequente Anwendung des vollen Mehrwertsteuersatzes ein, die zur Vermeidung von innergemeinschaftlichen Wettbewerbsverzerrungen möglichst in der EU harmonisiert werden sollte. Daraus resultierende Nachteile für einzelne Bereiche der mittelständischen Wirtschaft würden durch die damit verbundenen Vorteile der Vereinfachung und Entbürokratisierung der Umsatzbesteuerung mehr als kompensiert. Mit der Beseitigung einzelner ermäßigter Steuersätze würden dagegen nur neue Ungereimtheiten und Wettbewerbsprobleme geschaffen. Bleibende ermäßigte MwSt.-Sätze müssten allerdings auch innerhalb der EU harmonisiert werden. Die Befürwortung einer derart radikalen Reform ist allerdings an eine entsprechende Senkung des allgemeinen Mehrwertsteuersatzes gebunden. Eventuelle Belastungen in wettbewerbssensiblen Bereichen würden auf diese Weise abgemildert. Unakzeptable soziale Folgewirkungen der Abschaffung ermäßigter Steuersätze können durch entsprechende Transferzahlungen vermieden werden. Damit wäre im Übrigen eine wesentlich zielgenauere Sozialpolitik verbunden als über den Weg reduzierter Steuersätze, deren Verteilungswirkungen ohnehin häufig überschätzt werden, gleichwohl eine wesentliche Ursache für die Widerstände gegen eine solche Reform darstellen. In dem Vorschlag des Bundessteuergesetzbuches, Umsätze zwischen Unternehmen und mit der öffentlichen Hand von der Umsatzbesteuerung auszunehmen, soweit diese bargeldlos über Gewährkonten kontrollierbar abgewickelt werden, sieht der UFB/UMU ebenfalls erhebliches Potential zur Steuervereinfachung sowie zur Eindämmung des Umsatzsteuerbetruges. Dieser ist im Wesentlichen mit dem Vorsteuerabzug verbunden, der für die dann steuerfreien Umsätze zwischen Unternehmen nicht mehr relevant wäre. Nach Ausarbeitung eines entsprechenden Reformmodells sollte die Bundesregierung hierzu die politische Initiative auf EU-Ebene ergreifen.
Die Gewerbesteuerpflicht bedeutet für alle von ihr betroffenen Unternehmen eine große bürokratische Bürde, auch wenn die Anrechenbarkeit bei der Einkommensteuer die finanzielle Belastung für Einzelunternehmen und Personengesellschaften in Grenzen zu halten vermag. Allerdings nehmen mit der steigenden Verschuldung vor allem in größeren Kommunen die Tendenzen zu, die Realsteuerhebesätze zu erhöhen, so dass der Hebesatz von 380 %, bis zu dem Personenunternehmen ihre Gewerbesteuerzahlungen auf die gezahlte Einkommensteuer für Einkünfte aus Gewerbebetrieb anrechnen können, immer häufiger überschritten wird. Auch durch die Hinzurechnung gewinnunabhängiger Bestandteile werden Effekte der Anrechenbarkeit eingeschränkt. Die finanzielle Belastung der kleinen und mittleren Personenunternehmen durch die Gewerbesteuer nimmt dementsprechend zu. Trotz der höchst problematischen Hinzurechnungen gewinnunabhängiger Bestandteile ist das Gewerbesteueraufkommen weiterhin sehr konjunkturanfällig, und es ist sehr unterschiedlich zwischen den Kommunen verteilt. Der Mittelstand und die gesamte deutsche Wirtschaft appellieren vor diesem Hintergrund an die Politik, das Ziel, die Gewerbesteuer als steuerhistorisches Fossil ganz abzuschaffen, mit größerer Entschlossenheit als bisher zu verfolgen. Damit würden die Unternehmen von einer speziellen, im internationalen Wettbewerb besonders schädlichen Steuerart befreit und gleichzeitig erhielten die Kommunen eine stetigere Einnahmebasis. Der UFB/UMU unterstützt deshalb nachdrücklich alle Bestrebungen, die Gewerbesteuer durch eine mit eigenem Hebesatzrecht versehene kommunale Unternehmensteuer auf Basis der Körperschaftsteuer sowie durch eine stärkere Beteiligung am Aufkommen der Lohn- und der Umsatzsteuer zu ersetzen und eine entsprechende Reform auf die Agenda für die kommende Legislaturperiode zu setzen. Um dem Belastungsanstieg für die kleinen Unternehmen entgegenzuwirken, schlägt der UFB/UMU als Sofortmaßnahme eine Erhöhung des mit 24.500 Euro viel zu gering bemessenen bisherigen Freibetrages vor. Dieser sollte für Personenunternehmen und juristische Personen, die sich zu mehr als 75 % im Eigentum natürlicher Personen befinden, auf 100.000 Euro erhöhen.
Mit der Reform der Erbschaftsteuer hat der Gesetzgeber ab 2009 ein gravierendes Hemmnis für den Übergang von Unternehmen auf die nachfolgende Generation weitgehend beseitigt. Allerdings könnte in der nächsten Legislaturperiode eine erneute Reform aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken notwendig werden. Für diesen Fall setzt sich der UFB/UMU für eine Reform ein, die an die Stelle von drei Steuerklassen, dreizehn Steuersätzen zwischen 7 und 50 % sowie 5 verschiedenen Freibeträgen im bestehenden Erbschaftsteuerrecht einen einheitlichen Steuersatz von 10 % setzt. Zuwendungen unter Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern blieben nach diesem überzeugenden Vorschlag des Bundessteuergesetzbuches gänzlich steuerfrei. Alle anderen Fälle würden pauschal mit zehn Prozent besteuert, wobei Kinder einen Freibetrag von 400.000 Euro und alle anderen Erben einen von 50.000 Euro in Anspruch nehmen könnten. Die Vererbung betrieblichen Vermögens würde nach gleichen Grundsätzen besteuert. Den Erben wird allerdings auf Antrag das Recht auf Stundung über einen Zeitraum von längstens zehn Jahren eingeräumt. Die aus der Stundung resultierende jährliche Belastung von nur einem Prozent stünde damit einer Fortführung des Betriebes nicht im Wege.
Die auf längst überholten Einheitswerten der Jahre 1964 bzw. 1935 basierende Grundsteuer muss aus verfassungsrechtlichen Gründen dringend reformiert werden. Für den UFB/UMU kommt es darauf an, dass sich die mit der Reform befassten Länder auf ein Ergebnis verständigen, das für die betroffenen Grundeigentümer einfach zu handhaben ist, übermäßigen Erhebungsaufwand für die Finanzverwaltung vermeidet und das die wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten der Grundstücke angemessen berücksichtigt.
Als spezifische mittelstandspolitische Maßnahme im Einkommensteuerrecht setzt sich der UFB/UMU nachdrücklich für eine Neuregelung der Abschreibungsbedingungen für geringwertige Wirtschaftsgüter ein. Diese sind bürokratisch und entziehen den kleinen Mittelständlern Liquidität. Der UFB/UMU fordert daher eine Anhebung der Wertgrenze für die sofortige steuerliche Absetzbarkeit geringwertiger Wirtschaftsgüter auf mindestens 1.000 €, denn die neu geschaffene Alternative, geringwertige Wirtschaftsgüter in einem Sammelposten zusammenzufassen, der innerhalb von fünf Jahren abgeschrieben werden muss, stellt keinen auch nur annähernd ausreichenden Ausgleich für die inflationsbedingte Entwertung der seit über 40 Jahren nominell unveränderten Wertgrenze für die Sofortabschreibung dar. Die einmalige liquiditätsmäßige Belastung der öffentlichen Haushalte könnte durch eine Begrenzung der kumulierten Sofortabschreibung je Steuerpflichtigen auf 25.000 € im Jahr gemildert werden. Darüber hinaus plädiert der UFB/UMU im Interesse kleinster Unternehmen für einen Verzicht auf die Pflicht zur Verwendung des amtlichen Vordrucks Einnahmeüberschussrechnung (EÜR), solange die Gewinnermittlung den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG gerecht wird.
UNION FREIER BERUFE UND MITTELSTÄNDISCHER UNTERNEHMEN e.V. - UFB/UMU - Edelsbergstrasse 8 - 80686 München
Tel. +49 (0)89-57007-0 - Fax +49 (0)89-57007260 - info [@] ufb-umu.com